Ergebnisse der Zwei-Skalen-Simulation
Im Projekt werden 2 Skalen zur Modellierung und Simulation betrachtet, um den Einfluss mikrostruktureller Parameter (wie z.B. Faserlängenverteilung und Faserorientierung) auf die Eigenschaften der MDF oder Bauteile zu analysieren. Zur Charakterisierung der Mikrostruktur wird ein Fasernetzwerk in einem Volumenelement von wenigen Kubikmilli-metern herangezogen. Dreidimensionale µCT-Bildaufnahmen (Abb. 4) mit einer Auflösung von 4 µm sind geeignet, um einen repräsentativen Ausschnitt (mindestens die halbe Plattendicke) zu erfassen und gleichzeitig die einzelnen Fasern hinreichend gut aufzulösen.
Zur Modellierung der geometrischen Mikrostruktur wird aus dem verwendeten Faserstoff die Längen- und Dickenverteilung der Fasern und aus den µCT-Aufnahmen die Faserorien-tierung ermittelt. Zur Ermittlung der Orientierung werden automatische mathematische Algorithmen zur Faserrichtungsanalyse verwendet (Abb. 5). Dieses Verfahren erlaubt auch die Bestimmung der Lage von Faserbündeln (roter Bereich). Das Ergebnis dieses Arbeitsschritts ist ein sogenanntes stochastisches Geometriemodell.
Für das stochastische Geometriemodell können dann Realisierungen (Abb. 6) in Form von Mikrostrukturen in Volumenelementen generiert werden. Im generierten Volumenelement ist für jeden Punkt, der zu einer Faser gehört, eindeutig definiert, welche lokale Orientierung diese Faser in diesem Punkt hat. Dahingegen wäre in einem binarisierten Bild nur die Information enthalten, ob ein Punkt zum Feststoff (Zellulose) oder zum Porenraum bzw. Lumen gehört.
Im nächsten Schritt werden für die Fasern anisotrope elastische Eigenschaften und anisotrope Festigkeitseigenschaften gewählt. Danach werden 6 nichtlineare Elastizitäts-probleme (Zug in 3 Richtungen, Schub in 3 Richtungen) mit der am ITWM entwickelten Software FeelMath gelöst, um die effektiven mechanischen Eigenschaften zu bestimmen.
Diese effektiven Materialparameter stellen das Endergebnis der Mikrostrukturanalyse dar und werden auf der zweiten Skala (Makro- bzw. Bauteilskala) als Materialparameter verwendet. Die Simulation auf der Makroskala erfolgt mit einer Standardmethode (FEM). Im Projekt stimmen die Ergebnisse der Makrosimulation, z.B. einer Simulation des Biegetests, sehr gut mit entsprechenden Messergebnissen überein (Abb. 7).
Der Vorteil der Zwei-Skalen-Simulation besteht nun darin, dass im stochastischen Geometriemodell systematisch einzelne Parameter gezielt variiert werden können, um ihre Sensitivität auf die makroskopische Steifigkeit und Festigkeit zu studieren, ohne die entsprechenden Materialvarianten herstellen zu müssen. Die zwar aufwändige Computersimulation braucht wesentlich weniger Zeit als Messungen und somit können sehr viele MDF-Varianten simuliert werden. Abschließend wird in Abb. 8 dazu ein Beispiel gezeigt. Bei gleicher Faserlängenverteilung und gleichem Faservolumengehalt ist nur die Orientierung geändert worden. Die Verbesserung der Steifigkeit in die Richtung, in die die Fasern ausgerichtet sind, ist die Folge. Wie groß die Verbesserung quantitativ ist, zeigt das Diagramm in Abb. 8.