Fraunhofer WKI feiert 75 Jahre Forschung an ressourcen- und klimaschonenden Materialien für eine lebenswerte Zukunft

Pressemitteilung /

Rund 50 Gäste feierten am 30. Juni 2022 – pandemiebedingt ein Jahr später –das 75-jährige Jubiläum des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI. Dr. Sabine Johannsen, Staatssekretärin im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, und Dr. Thorsten Kornblum, Oberbürgermeister von Braunschweig, unterstrichen in ihren Gratulationsreden die Relevanz des Fraunhofer WKI für die niedersächsische Forschungslandschaft. In einem Videogrußwort lobte der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, Professor Dr.-Ing. habil. Reimund Neugebauer, den kontinuierlichen und weitreichenden Beitrag des Fraunhofer WKI zum Erreichen einer biobasierten Kreislaufwirtschaft.

Das Foto zeigt eine Gruppe von vier Menschen.
© Dennis Brandt Fotografie
Von links nach rechts: Staatssekretärin Dr. Sabine Johannsen, Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum, Professor Dr.-Ing. Bohumil Kasal (Institutsleiter des Fraunhofer WKI), Professorin Dr. Angela Ittel (Präsidentin der Technischen Universität Braunschweig).

Die Feier fand am neuen Forschungsstandort »Zentrum für leichte und umweltgerechte Bauten ZELUBA®« statt, wo Forschende des Fraunhofer WKI seit Juni 2021 nachhaltige Leichtbaulösungen für die Bauindustrie entwickeln. Die Gäste aus Politik, Forschung und Wirtschaft wurden durch Grußworte, Rückblicke und Ausblicke auf den festlichen Anlass eingestimmt. Im Anschluss besichtigten die Gäste den Neubau und erhielten exklusive Einblicke in die Forschungspraxis.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigten unter anderem eine Webmaschine, auf der sie technische Textilien mit möglichst hohem Bioanteil herstellen. Genutzt werden die hochfunktionalen Gewebe für die Entwicklung von nachhaltigen Leichtbaumaterialien. Dazu zählen unter anderem faserverstärkte Kunststoffe für Fahrzeugkomponenten und schlanke Hybridkonstruktionen im Holzbau sowie Textilbeton als leichte Alternative zu Stahlbeton.

Darüber hinaus verfolgten die Besucherinnen und Besucher, wie aus dem Balsaholzkern von ausgedienten Windkraft-Rotorblättern sowie faserverstärktem Biokunststoff ein nachhaltiges Stand-up-Paddleboard entsteht. In einer Live-Simulation erlebten die Gäste die Prüfung des Schwingverhaltens von neuen Konstruktionssystemen mithilfe eines Shaking Tables. Mit der dynamischen Testanlage werden Einzelkomponenten und Gesamtkonstruktionen hinsichtlich ihrer strukturdynamischen Eigenschaften untersucht – für ein Höchstmaß an Sicherheit von Bauwerken oder Fahrzeugen gegenüber Windlasten, Erdbeben oder Erschütterungen.

»Die im Fraunhofer WKI geleistete Arbeit ist nicht nur in Niedersachsen von hoher wissenschaftlicher Relevanz. Ausgehend von seinem Gründer Dr. Wilhelm Klauditz hat das Institut es dank der vielen engagierten Mitarbeitenden in den vergangenen Jahrzehnten geschafft, auch international sehr erfolgreich zu agieren«, so Dr. Sabine Johannsen, Staatssekretärin im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur. »Die Landesregierung hat daher auch den Bau des Zentrums für leichte und umweltgerechte Bauten sowie vorangestellte Forschungsprojekte maßgeblich finanziell unterstützt. Ich bin davon überzeugt, dass das Fraunhofer WKI auch künftig und über die Landesgrenzen Niedersachsens hinaus eine Vorreiterrolle in der Erforschung biobasierter Werkstoffe und Bauteile einnehmen wird.«

Die Bedeutung des Fraunhofer WKI für den Forschungsstandort Braunschweig betonte der Oberbürgermeister von Braunschweig, Dr. Thorsten Kornblum: »Dem Wald und dem Rohstoff Holz kommen in Braunschweig – dem Zentrum der forschungsintensivsten Region Europas – eine bedeutende Funktion zu. Der nachhaltige Umgang mit Ressourcen und innovative Ideen zum Klima- und Umweltschutz sind zentrale Zukunftsfragen, und Braunschweig kann stolz darauf sein, so viele wissenschaftliche Einrichtungen und Institute vor Ort zu haben, die an kreativen Antworten arbeiten und das auch anschaulich darstellen können – so wie das Fraunhofer WKI, das über eine Alleinstellung verfügt. Mit dem Neubau des ZELUBA® auf dem Campus der TU Braunschweig wird die bereits bestehende Kooperation zwischen den Einrichtungen ausgebaut und die Forschungsregion Braunschweig insgesamt gestärkt.«

Mit einem Erfahrungsschatz von über 75 Jahren widmet sich das Fraunhofer WKI heute einem breiten Forschungsgebiet und adressiert dabei aktuelle, globale Herausforderungen, führte der Präsident der Fraunhofer Gesellschaft, Professor Dr.-Ing. habil. Reimund Neugebauer aus: »Klimawandel und Bevölkerungswachstum bedingen völlig neue Anforderungen an Funktionalität und Umweltbilanz von Gebäuden – dadurch gewinnt die exzellente Forschung des Fraunhofer WKI weiter an Bedeutung. Nahezu alle Verfahren und Werkstoffe, die aus der Forschungstätigkeit des Instituts hervorgehen, werden industriell genutzt. Damit leistet das Fraunhofer WKI nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Aufbau einer biobasierten Kreislaufwirtschaft und der Zukunft des Bauens, sondern auch zur gesamten Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.«

Der Institutsleiter des Fraunhofer WKI, Professor Dr.-Ing. Bohumil Kasal blickt auf Grundlage dieses reichen Erfahrungsschatzes optimistisch in die Zukunft: »Unsere starke Position im Bereich nachwachsender Rohstoffe wollen wir mit neuen Kooperationen und Themenfeldern weiter ausbauen. Besondere Entwicklungsmöglichkeiten sehen wir in den Bereichen nachhaltige Mobilität mit biobasierten Werkstoffen sowie Recycling, Innenraumluftqualität und 3D-Druck. Für den Bau sind die Bereiche Hochbau, Brandschutz sowie hybride Werkstoffsysteme zentral. Die genannten Felder sehen wir als essenzielle Zukunftsthemen an«.

Im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung verlieh Professor Kasal die Wilhelm-Klauditz-Medaille an den Altpräsidenten der Technischen Universität Braunschweig, Professor Dr.-Ing. Dr. h.c. Jürgen Hesselbach für seine langjährigen Verdienste rund um das Fraunhofer WKI.

Zum Thema »75 Jahre Forschung an nachhaltigen Materialien« gibt es einen Fraunhofer-Podcast. Im Gespräch berichtet Professor Kasal über die Geschichte, aktuelle Projekte und zukünftige Herausforderungen am Fraunhofer WKI.

Zum Podcast

Geschichte des Fraunhofer WKI

Der Gründer Dr. Wilhelm Klauditz war Zellstoffchemiker und befasste sich mit der Erforschung der Papier- und Zellstoffgewinnung aus Holz. Er erkannte frühzeitig die technische und wirtschaftliche Bedeutung der Holzwerkstoffe und gilt als der Erfinder der Spanplatte. Mit der Errichtung der »Versuchs- und Beratungsstelle für technische Holznutzung des Vereins für Technische Holzfragen e.V.« in Braunschweig legte er 1946 den Grundstein für das Fraunhofer WKI und seine bis heute reichende Forschungstradition: Werkstoffe und Produkte effizient aus nachwachsenden Rohstoffen herzustellen und flächendeckend einzusetzen. Man könnte sagen: Klauditz war ein Vorreiter der Bioökonomie.

Die Forschenden des Fraunhofer WKI entwickeln moderne Technologien, um Holz und andere pflanzliche Rohstoffe in Chemieprodukte und Werkstoffe umzuwandeln und den Aufbau einer Bioökonomie damit voranzutreiben. Die Einsatzmöglichkeiten reichen von Leichtbauteilen für Fahrzeuge über umweltfreundliche Dämmstoffe und leichte hybride Werkstoffsysteme für die Baubranche bis hin zu Lacken, Druckfarben und Klebstoffen auf pflanzlicher Basis.

Mit dem Anwendungszentrum für Holzfaserforschung HOFZET® in Hannover, dem Hauptstandort und dem ZELUBA® in Braunschweig sowie der Einbindung in die Open Hybrid LabFactory in Wolfsburg leistet das Fraunhofer WKI einen bedeutenden Beitrag zur Forschungslandschaft Niedersachsen.

Weitere Informationen:
Historie des Fraunhofer WKI

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