ScaleAmP:
Ammonium-Phytate auf Basis von Maisquellwasser als nachhaltiges Flammschutzmittel für WPC und andere Biowerkstoffe
Gebäude, Fahrzeuge, Elektronik und Co: In vielen Bereichen gibt es erhöhte Brandschutzanforderungen. Nachhaltige Biowerkstoffe können sie unter anderem mithilfe von Flammschutzmitteln erfüllen. Diese werden derzeit überwiegend aus erdölbasierten, mineralischen und anderen endlichen Rohstoffen hergestellt. Gemeinsam mit dem Fraunhofer IAP entwickeln und testen wir Flammschutzmittel auf Basis eines pflanzenbasierten Rohstoffs, der in der Industrie in hohen Mengen als Nebenprodukt anfällt: Maisquellwasser. Die darin enthaltene Phytinsäure soll als flammhemmender Wirkstoff nutzbar gemacht werden. Das Anwendungspotenzial und die Flammschutzeigenschaften demonstrieren wir beispielhaft an einem Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoff (Wood Plastic Composite, WPC). Ziel ist die Entwicklung eines wirtschaftlichen Herstellungsverfahrens für das Flammschutzmittel in einem technischen Maßstab. Das Projekt trägt dazu bei, die Konkurrenzfähigkeit von biobasierten Flammschutzmitteln zu verbessern und den Einsatz von Biowerkstoffen zu erhöhen. Damit unterstützen wir den Aufbau einer biobasierten Kreislaufwirtschaft aus lokal verfügbaren Reststoffen (Bioökonomie).

Pro Jahr werden weltweit rund 2,3 Millionen Tonnen Flammschutzmittel eingesetzt, Tendenz steigend. Das Marktforschungsinstitut Ceresana erwartet insbesondere in der Bauindustrie eine wachsende Nachfrage. Die derzeit wichtigsten Arten von Flammschutzmittel basieren hauptsächlich auf anorganischen Salzen, Phosphor, und Stickstoff. Die Bundesregierung hat bereits 2012 Phosphor als ressourcenschutzrelevanten Rohstoff deklariert. Die Europäische Kommission stuft Phosphor seit 2014 als kritischen Rohstoff ein.
Mit Blick auf Klimaschutz, endliche Ressourcen und die Umweltverträglichkeit der Rohstoffgewinnung rücken Flammschutzmittel aus nachwachsenden Rohstoffen zunehmend in den Fokus. Es gibt eine Reihe von biobasierten Substanzen, die dafür grundsätzlich in Frage kommen. Allen gemeinsam ist, dass sie in der Regel nicht allein verwendet werden, sondern mit einer zweiten Komponente kombiniert oder funktionalisiert werden, um eine ausreichende Leistung zu erzielen. Das Zusammenspiel zwischen gesicherter Verfügbarkeit, Verarbeitbarkeit, der Wirksamkeit als Flammschutzmittel und dem Preis ist entscheidend für das Potenzial im großtechnischen Einsatz. Biobasierte Rohstoffe sind im Vergleich zu erdölbasierten oder mineralischen Rohstoffen oft teurer oder noch nicht in ausreichender Menge verfügbar.
An diesem Punkt setzt das aktuelle Forschungsprojekt »ScaleAmP« an. Es wird in Kooperation des Fraunhofer WKI mit dem Fraunhofer IAP durchgeführt und baut auf Vorarbeiten der beiden Forschungsinstitute auf.
Wirksames Flammschutzmittel auf Basis von pflanzlicher Phytinsäure
Phytinsäure fungiert in Pflanzensamen als Phosphorspeicher und kommt in großen Mengen beispielsweise in Mais, Soja sowie in Reis-, Weizen- und Roggenkleie vor. In Vorarbeiten am Fraunhofer WKI konnten wir bereits zeigen, dass Phytinsäure, in Form von Ammonium-Phytaten , ein hohes Potenzial als Flammschutzmittel hat. Es besteht allerdings Bedarf an einer Verbesserung der physikalischen Eigenschaften. Für eine einfache Handhabbarkeit und Dosierbarkeit wird die Form eines kristallinen Feststoffs angestrebt. Als Modellsystem zur Beurteilung der Verarbeitungs- und Flammschutzeigenschaften werden wir einen Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoff (WPC) mit den entwickelten Flammschutzmittel compoundieren und umfassend charakterisieren.
Nachhaltige Gewinnung von Phytinsäure
Kommerziell erhältliche Phytinsäure wird derzeit hauptsächlich in Asien aus Reiskleie gewonnen. Durch das Projekt soll eine europäische Quelle erschlossen werden: Maisquellwasser. Dieses fällt bei der industriellen Herstellung von Maisstärke in großen Umfang als Nebenprodukt an. Denn: Vor der Nassvermahlung der Maiskörner findet ein unverzichtbarer Vorquellprozess statt, bei dem in mehreren Stufen nahezu alle wasserlöslichen Bestandteile aus den Körnern herausgelöst werden, darunter auch Phytinsäure. In Vorarbeiten ist es Forschenden des Fraunhofer IAP bereits gelungen, Phytat-Salze aus Maisquellwasser zu isolieren. Dabei handelte es sich um schwer wasserlösliche Verbindungen, die relativ einfach abtrennbar sind. Die Herausforderung besteht somit darin, ein effizientes Aufreinigungsverfahren für die gut wasserlöslichen Ammonium-Phytate zu entwickeln, und dies mittels kostengünstiger Prozessschritte und Basischemikalien.
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