Bessere Planbarkeit von Straßensanierungen: Asphaltintegriertes Messsystem könnte Staus vermeiden

Pressemitteilung /

Gemeinsam mit der Hochschule Hannover, der Hochschule Magdeburg-Stendal und dem Fraunhofer IFAM haben Forschende am Fraunhofer WKI mit der grundlegenden Forschung für ein Messsystem begonnen, mit dem sich der Straßenzustand zu jedem Zeitpunkt über größere Strecken messen lässt, ohne die Straße zu beschädigen. Das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) hat das Projekt ermöglicht und gefördert. Sanierungsmaßnahmen könnten so besser und frühzeitiger geplant werden – idealerweise für einen Zeitraum außerhalb der Ferienzeiten. Bisher werden Bohrkernprüfungen eingesetzt. Sie schädigen die zu untersuchende Straße zusätzlich und sind mit Aufwand sowie Sperrungen verbunden und können daher nur stichprobenartig erfolgen.

Das Foto zeigt einen Asphaltprobekörper mit integriertem Sensorgewebe in einer Prüfmaschine.
© Fraunhofer IFAM I Marc-Oliver Becker
Analyse der Sensorik des Asphaltprobekörpers mit integriertem Sensorgewebe in einer Prüfmaschine.

Das Projekt »SenAD« wurde im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND mit insgesamt 90.000 Euro durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert. Das Fraunhofer WKI hat gemeinsam mit Partnern die grundlegende Machbarkeit eines Messsystems auf Basis eines elektrisch leitenden Materials nachgewiesen, welches in ein biobasiertes Gewebe integriert wird. Dieses Hybridgewebe könnte in Zukunft in die Asphalttragschicht eingebaut werden. Wenn die Asphalttragschicht mit der Zeit durch den Einfluss von Verkehr und Witterung ermüdet, kommt es im Sensor-Gewebe zu Veränderungen des elektrischen Widerstands des Sensormaterials. Die Veränderungen des Widerstands geben somit Aufschluss über den Degradationszustand der Asphalttragschicht. Dadurch können Sanierungsmaßnahmen besser und vor allem nachhaltiger geplant werden. Wenn die Sensorik in bestimmten Abständen in die Asphaltschicht eingebaut wird, ist es möglich, über nahezu die gesamte Straße Messpunkte zu erhalten. Das Auslesen der Daten kann durch Einsatz verschiedener Übertragungswege nicht nur kontaktlos, sondern sogar extern von einem zentralen Punkt aus erfolgen, ohne Personaleinsatz vor Ort. Durch die Verwendung von kostengünstiger Messelektronik führt die Ausrüstung von Straßen mit Sensoren nur zu geringen Mehrkosten.

»Wenn Schädigungsprozesse im Asphalt auftreten, ist gleichzeitig das integrierte Sensorgewebe betroffen. So ist es möglich, aus dem Ermüdungszustand des leitenden Materials auf den Versagenszeitpunkt der Asphaltbefestigung zu schließen. Die Daten zeigen den aktuellen inneren Zustand der Tragschicht. Langfristig könnte dieses Verfahren die bisherigen zerstörenden Prüfungen ersetzen«, erläutert Christina Haxter, Projektleiterin am Fraunhofer WKI.

Das Trägergewebe, in welches die Sensorik integriert wird, ist vollständig biobasiert. Die Gewebeentwicklung und -herstellung erfolgte am Fraunhofer WKI in enger Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IFAM und der Hochschule Magdeburg-Stendal. Ziel der Gewebeentwicklung war die Konstruktion und Herstellung eines biobasierten Drehergewebes, das die besonderen Anforderungen im Straßenbau durch eine gezielt entwickelte Konstruktion (Flächengewicht, Garnabstände und Verschiebefestigkeit) erfüllt. Insbesondere die möglichst großen Garnabstände bei gleichzeitig ausreichend hoher Verschiebefestigkeit sowie Integration der Sensorikdrähte stellten eine besondere Herausforderung dar.

Das Messsystem wurde an der Hochschule Magdeburg-Stendal in Asphaltprobekörper eingebaut und mechanischer Belastung ausgesetzt. Parallel dazu analysierten Forschende des Fraunhofer IFAM die Sensorik und erhoben die Daten während dieser mechanischen Prüfung. 

Die Hochschule Hannover führte die Verarbeitung und Auswertung der Messergebnisse mithilfe einer adaptierten Datenanalyse-Software durch. Zur Interpretation künftiger Messungen wurde der Zusammenhang zwischen Widerstandsänderung und Degradation der Straße ermittelt. Die Ergebnisse aus der mechanischen Prüfung und der Sensorikanalyse wurden genutzt, um die Software zu kalibrieren und ihre Prognosegenauigkeit zu bewerten. 

Die Erkenntnisse können nicht nur Planungen im Straßenbau erleichtern, sondern stellen die Grundlage für viele weitere Anwendungen dar. Ein integriertes Messsystem kann in diversen weiteren Bereichen des Hoch- und Tiefbaus eingesetzt werden. Es lassen sich darüber hinaus neue Funktionen in Bauteile der Baubranche integrieren. Das Konsortium aus Fraunhofer WKI und IFAM sowie den Hochschulen Hannover und Magdeburg-Stendal ist bereits in engem Austausch mit Vertretern der Industrie, die großes Interesse an den innovativen Forschungsansätzen zeigen. Eine gemeinsame weitere Forschung an den genannten Fragestellungen ist bereits initiiert.

Über das Förderprogramm mFUND des BMVI

Im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND unterstützt das BMVI seit 2016 Forschungs- und Entwicklungsprojekte rund um datenbasierte digitale Innovationen für die Mobilität 4.0. Die Projektförderung wird ergänzt durch eine aktive fachliche Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Forschung und die Bereitstellung von offenen Daten auf dem Portal mCLOUD. Weitere Informationen finden Sie unter www.mfund.de.

Zum Hintergrund des Fraunhofer WKI

Nachhaltigkeit durch Nutzung nachwachsender Rohstoffe steht seit 75 Jahren im Fokus des Fraunhofer WKI. Das Institut mit Standorten in Braunschweig, Hannover und Wolfsburg ist spezialisiert auf Verfahrenstechnik, Naturfaser-Verbundkunststoffe, Bindemittel und Beschichtungen, Holz- und Emissionsschutz, Qualitätssicherung von Holzprodukten, Werkstoff- und Produktprüfungen, Recyclingverfahren sowie den Einsatz von organischen Baustoffen und Holz im Bau. Nahezu alle Verfahren und Werkstoffe, die aus der Forschungstätigkeit hervorgehen, werden industriell genutzt.

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